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Lübecker Kunstverein(e) – eine Chronologie

 
1872
Adolf Holm gründet mit 17 anderen Teilnehmern den „Verein von Kunstfreunden“ Dieses bürgerliche Engagement ist typisch für die Gründung von Kunstvereinen im 19. und 20. Jahrhundert. Das anfängliche Interesse in geselliger Form und durch Vorträge die Liebe zur Kunst zu pflegen, wurde rasch um den Einsatz für die Erhaltung des Lübecker Stadtbildes und die Etablierung denkmalpflegerischer Strukturen ergänzt.
 
1882
Aufnahme in die Gemeinnützige Gesellschaft, verbunden mit einer jährlichen Förderung von 300 Mark. 
Die „Erforschung und Erhaltung der Kunstdenkmäler der Hansestadt“ wird als zusätzlicher Vereinszweck in die Satzung aufgenommen.
 
1901–1908
Amtszeit von Eduard Kulenkamp. Dieser nutzt seinen Einfluss als Vorsitzender um die Aufstellung eines Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf dem Markt zu verhindern.
 
1907
Rückkehr zu der ursprünglichen Vereinszwecken und Zuwendung zu Museumsfragen, nachdem sich denkmalpflegerische Aufgaben im neugeründeten „Verein für Heimatschutz“ konzentrierten.
 
1914–1918
Die Vereinstätigkeiten ruhen.
 
1918
Die Overbeck-Gesellschaft wird am 9. März als zweiter Lübecker Kunstverein gegründet, und am 6. Mai unter der Nr. 79 im Vereinsregister eingetragen. Der Name leitet sich sowohl von dem aus Lübeck stammenden romantischen Künstler Friedrich Overbeck (*1789 †1869 in Rom) ab, als auch von dessen Vater Christian Adolph Overbeck, der Anfang des 19. Jahrhunderts Bürgermeister in Lübeck war und sich als ein „Freund der Künste und Künstler“ einen Namen gemacht hatte. Die Overbeck-Gesellschaft widmet sich seit 1918 satzungsgemäß der „Pflege der bildenden Kunst, insbesondere durch Veranstaltung von Kunstausstellungen“. Ihre Gründung stand in direktem Zusammenhang mit dem neuen Bewusstsein einer demokratischen Volksbildung nach dem Ersten Weltkrieg.
Karl Schaefer (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft und künstlerischer Leiter)
 
1918–1920
Karl Schaefer (Künstlerischer Leiter)
1. Ausstellung mit Werken bekannter Lübecker Künstler (Friedrich Overbeck, Gotthard Kuehl, Heinrich Eduard Linde-Walther und Heinrich Eickmann, sowie Auguste Rodins L’Âge d’airin) in angemieteten Räumen in der Königstr. 9.
 
1919–1931
Max Linde führt den Vorsitz im „Verein von Kunstfreunden“
 
1920–1921
Emanuel Anton Benda (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
1920
Carl-Georg Heise wird Direktor des St. Annen Museums und ehrenamtlich künstlerischer Leiter der Overbeck-Gesellschaft. Für die nächsten knapp 40 Jahre wird die inhaltliche Verantwortung von Ausstellungen des Lübecker Kunstvereins in den Händen des jeweiligen Museumsdirektors liegen.
 
1920
Zum 1. März bezieht die Overbeck-Gesellschaft neue Räume im Schabbelhaus in der Mengstr. 36. Die drei Räume in einem der Obergeschosse ziehen nur wenige Besucher an. Ausstellungen finden deshalb oft im neu gegründeten Museum Behnhaus statt.
 
1920–1933
Carl-Georg Heise (Künstlerischer Leiter)
Ausstellungen (u. a.): Anita Rée, Max Liebermann, „Moderne Kunst aus Lübecker Privatbesitz“, „Ländliche Töpferwaren“, „Impressionismus, Expressionismus, Neue Sachlichkeit“, „Zehn junge deutsche Maler“, „Meisterwerke der Photographie aus alter und neuer Zeit“, „Handgewebte Teppiche“
 
1921–1934
Johannes Christian Gottfried Boye (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
1922
Am 25. Oktober feiert der „Verein von Kunstfreunden“ sein 50jähriges Bestehen. In den 1920er Jahren konzentriert sich die Vereinstätigkeit, neben der Beschäftigung mit Museumsfragen, wieder vermehrt auf die Erhaltung des Stadtbildes in enger Zusammenarbeit mit dem „Verein der lübeckischen Architekten und Ingenieure“.
 
1930
Bau des Overbeck-Pavillons im Garten des Museums Behnhaus nach Plänen von Wilhelm Bräck
(nähere Informationen zum Overbeck-Pavillon hier)
Eröffnungsausstellung: „Barlach – Nolde – Rohlfs“
Streng geometrische Neugestaltung des Behnhausgartens nach Plänen des Lübecker Gartenarchitekten Harry Maasz.
 
1931
Am 1. April schließen sich die beiden Lübecker Kunstvereine zur „Overbeck-Gesellschaft – Verein von Kunstfreunden e.V.“ zusammen. Das Nebeneinander von zwei Vereinen mit ähnlichem Profil schien nicht länger zweckmäßig. Die Ausrichtung der „neuen“ Overbeck-Gesellschaft verstärkt das Augenmerk auf die zeitgenössische Kunst.
 
1933
Auf einer Sitzung am 19. Dezember bewilligt die Vorsteherschaft der durch die Nationalsozialisten bereits gleichgeschalteten „Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeiten“ den Antrag der Overbeck-Gesellschaft auf Aufnahme als Tochtergesellschaft. Bereits ca. zwei Wochen zuvor, am 4. Dezember, stimmte die Mitgliederversammlung der Antragstellung einstimmig zu. Bei dieser Generalvollversammlung genehmigten die Mitglieder auch eine erweiterte Vorstandsliste, die, im Einvernehmen mit der Stadt Lübeck, die Namen von Parteimitgliedern und linientreuen Vertrauten des NS-Regimes enthielt.
 
Carl-Georg Heise verliert seine Posten als Direktor der Lübecker Museen und künstlerischer Leiter der Overbeck-Gesellschaft. Sein Assistent Theodor Riewerts wird als kommissarischer Nachfolger bis zum 30. Juni 1934 bestimmt.
 
1934
Auf einer Genaralversammlung am 26. Juni tritt der gesamte Vorstand zurück. Nach dreizehn Jahren wird Johannes Boye als Leiter der Overbeck-Gesellschaft durch den nationalsozialistischen Gefolgsmann Regierungsdirektor Hans Wolff ersetzt. Dieser besetzte nach dem Führerprinzip die übrigen Vorstands- und Beiratsmitglieder.
Damit war auch die Overbeck-Gesellschaft ein Opfer der seit September 1933 eingeleiteten Gleichschaltung der deutschen Kunstvereine, die seit 1934 eine einheitliche Mustersatzung einführen mussten.
 
1934–1943
Hans Wolff (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
1934–1945
Hans Friedrich Johann Schröder (Künstlerischer Leiter)
Die Ausstellungen stehen im Lichte der NS-Kulturpropaganda. Der Fokus liegt auf dem Regionalen, dem sogenannten deutschen Kulturgut und dem Nordischen.
 
1944-1945
Klaus Pufpaff (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
Die Overbeck-Gesellschaft stellt den Betrieb aufgrund der Kriegsereignisse ein.
 
1945
Die britische Militärregierung veröffentlicht einen Aufruf zu einer (Neu-) Gründungsversammlung der Overbeck-Gesellschaft am 12. Dezember.
 
1945–1948
Hermann Gustav Stolterfoht (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
1946
Paul Wember (Künstlerischer Leiter)
Die Wiederaufnahme des Ausstellungsbetriebs erfolgt noch an wechselnden Orten in Lübeck (u. a. St. Annen-Museum, Städtische Bücherhallen, Volkshochschule)
 
1946–1947
Hans-Friedrich Geist (Künstlerischer Leiter)   
Wember und Geist teilen sich die Aufgaben der künstlerischen Leitung.
Mit Ausstellungen wie „Die Kunst der letzten dreißig Jahre“, „Blumen und Pflanzen in Kunst und Natur“, Heino Jaede oder „Die Hamburger Sezession“ und Vorträgen über Impressionismus, Ernst Barlach und Max Slevogt beginnt die Overbeck-Gesellschaft wieder mit einem regelmäßigen Programm.
 
1947–1955
Arnold Gräbke (Künstlerischer Leiter)
Unter Gräbke beginnt eine Konzentration auf die verfemten Positionen der Klassische Moderne, wie sie in der Ausstellungstätigkeit fast aller deutschen Museen, Galerien und Kunstvereine üblich ist.
Ausstellungen (u. a.): „Moderne Graphik“, Karl Schmidt-Rottluff, Ernst-Wilhelm Nay, Ernst Barlach, Pablo Picasso, „Gegenstandslose Kunst – Ausstellung der ZEN-Gruppe 49“, „Industriebau – Entwicklung und Gestalt“
 
1948–1961
Fritz von Borries (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
1955–1956
Max Hasse (Künstlerischer Leiter)
Ausstellungen (u. a.): HAP Grieshaber, „Kunsthandwerk aus Schleswig-Holstein“, Werner Gilles, „Exotische Masken aus dem Besitz der Völkerkundlichen Sammlung Lübeck“
 
1956–1958
Fritz Schmalenbach (Künstlerischer Leiter)
Ausstellungen (u. a.): „Farbige Grafphik“, Wilhelm Lehmbruck, „Religiöse Graphik des Expressionismus“, Gustav Singier, „Die Bildzeichnung der deutschen Romantik“, Edvard Munch, Frans Masareel
 
1958
Unstimmigkeiten zwischen dem Vorstand der Overbeck-Gesellschaft und Schmalenbach, der sowohl Direktor der Lübecker Museen als auch ehrenamtlich künstlerischer Leiter der Overbeck-Gesellschaft ist, führen zu dessen Rücktritt von seinem Posten bei der Overbeck-Gesellschaft. Die „Schmalenbach-Kontroverse“ markiert einen wichtigen Einschnitt für den Lübecker Kunstverein, denn sie bedeutet das Ende der traditionellen Personalunion zwischen Museums- und künstlerischer Overbeck-Leitung. Seither wird das Ausstellungsprogramm unabhängig und eigenverantwortlich geplant und durchgeführt.
 
1958–1972
Hans-Friedrich Geist (Künstlerischer Leiter)
Das Ausstellungsprogramm wird internationaler.
Ausstellungen (u. a.): „Moderne Druckgraphik aus England“, Robert Capa, „Moderne französische Bodenteppiche“, Robert Lebeck, Ronald Searle, Victor Vasarely, Käthe Kollwitz, “Pop Art” (die erste Pop-Art Ausstellung in Deutschland), „Kleine Documenta – Kunst nach 1950“ (anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Overbeck-Gesellschaft), John Heartfield und George Grosz, Honoré Daumier, Robert Indiana, David Hockney, „Moderne Internationale Graphik I – VI
 
1961–1972
Wilhelm Castelli (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
1972–1987
Christoph Deecke (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
1972–1989
Ingrid Deecke (Künstlerische Leiterin)
Ausstellungen (u. a.): „Amerikanischer Photorealismus“, Drei Frauen – Drei Generationen“, „Naive Kunst“, Hede Bühl, „500. Ausstellung. Kunst des 20. Jahrhunderts aus dem Besitz von Mitgliedern der Overbeck-Gesellschaft“, Franz Erhard Walther, Wols, „Overbeck-Gesellschaft: 7 Jahrzehnte. Künstler in der Overbeck-Gesellschaft damals und heute“, Karl Otto Götz
Ingrid Deecke setzt verstärkt auf den gemeinschaftsbildenden Charakter von Kunst und Kunstausstellungen. Die Eröffnungen und Veranstaltungen werden zu gesellschaftlichen Ereignissen in Lübeck.
 
1987
Jürgen Pratje (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
1988–1996
Wilhelm Schmidt (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
1988
Aus Anlass des 200. Geburtstages von Friedrich Overbeck im Folgejahr stiftet der Lübecker Verleger Charles Coleman den „Overbeck-Preis für bildende Kunst“, der alle drei Jahre vergeben werden soll.
Erste Preisträger: Magdalena Jetelová und Thomas Hartmann (Ausstellung: 1989)
 
1989–1993
Gesche Peters (Künstlerische Leiterin)
Ausstellungen (u.a.): Ludwig Wilding, Lilli Fischer, Eun Nim Ro, Ian Hamilton Finlay, Mario Botta, Marie-Jo Lafontaine, Thorbjørn Lausten
 
1992
Zweite Ausgabe des Overbeck-Preises. Chales Coleman stirbt 1991 kurz vor der Vergabe des Preises an Barbara Schmidt-Heins und Anders Widoff.
 
1993–2002
Roswitha Siewert (Künstlerische Leiterin)
Ausstellungen (u .a.): Emil Nolde, „Junge Kunst international ´94 –´99“, Neo Rauch, Katharina Grosse, Hanne Darboven, Pia Fries, Kiki Smith 
 
1994
Vergabe des 3. „Overbeck-Preises für bildende Kunst“
Hauptpreis: Kain Tapper, Förderpreis: Norbert Schwontkowski
 
1996–1999
Jürgen Pratje (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
1999
Die Gesellschaft zur Förderung gemeinnütziger Tätigkeit stiftet den vierten Overbeck-Preis der Overbeck-Gesellschaft zum 80-jährigen Bestehen. Seitdem heißt der Preis „Overbeck-Preis für bildende Kunst der Gemeinnützigen“ und soll weiterhin alle drei Jahre vergeben werden.
Preisträger: Stephen Craig
 
1999–2002
Detlef Kömpf (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
2002–2005
Margrit Schultz aus dem Kahmen (1. Vorsitzende der Overbeck-Gesellschaft)
 
2002
Monica Bonvicini erhält den „Overbeck-Preis für bildende Kunst der Gemeinnützigen“
 
2002–2014
Marlies Behm (Künstlerische Leiterin)
Ausstellungen (u.a.): Mariella Mosler, „Junge Kunst transkulturell“, „Mapping The Unknown – Fotografie aus Finnland“, „Multitasking – Synchronität als kulturelle Praxis“, Roni Horn, Dirk Stewen, Dan Peterman, Michael Hakimi, Dan Perjovschi, Haegue Yang, Rivane Neuenschwander, Christoph Zellweger
 
2005–2011
Björn Engholm (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)  
 
2005
Der 6. Overbeck-Preis geht an Kerstin Kartscher.
 
2008
Michaël Borremans erhält den Overbeck-Preis.
 
2011
Der japanische Künstler Shimabuku wird mit dem 8. Overbeck-Preis ausgezeichnet.
 
2011–2020
Dieter Witasik (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
2015–2023
Oliver Zybok wird der erste hauptamtliche Direktor der Overbeck-Gesellschaft. Der Kunstverein geht verschiedene längerfristige Kooperationen mit anderen städtischen Institutionen ein (u.a. Kunsthalle St. Annen, Günter Grass-Haus, St. Petri zu Lübeck, Kulturwerft Gollan)
Ausstellungen bisher (u. a.): „Die Beiläufigkeit der Dinge“, Vladimir Houdek, Andrew Gilbert, Thomas Zipp, Anne-Julie Raccoursier, „Do Like Me! – Weibliche Interventionen im Netz“, Georges Adéagbo, Mary-Audrey Ramirez, Peyman Rahimi, „Re-Art. Readymade recycelt feat. Precious Plastic“, Stefan Vogel, YIUP, Mandy El-Sayegh, Christian Jankowski
 
2015
Valentin Carron erhält den Overbeck-Preis 2015 
 
2017
Für die Dauer einer umfangreichen Sanierung zieht die Overbeck-Gesellschaft aus dem Pavillon aus. Das Ausstellungsprogramm wird von und an verschiedenen Orten in Lübeck weitergeführt.
 
2018
Die Overbeck-Gesellschaft feiert ihr 100-jähriges Bestehen mit der Ausstellung „ALLE – Künstlerinnen und Künstler in der Overbeck-Gesellschaft 1918-2018“ im frisch sanierten Overbeck-Pavillon, mit Werken aller Künstlerinnen und Künstler, die seit 1918 in Einzelausstellungen präsentiert worden sind.
 
seit 2020
Christian Klawitter (1. Vorsitzender der Overbeck-Gesellschaft)
 
2020
Der Bildhauer Yngve Holen wird mit dem 10. „Overbeck-Preis für bildende Kunst der Gemeinnützigen“ ausgezeichnet.

2023
Anna Uddenberg wird mit dem „Overbeck-Preis für bildende Kunst der Gemeinnützigen 2023“ ausgezeichnet.

 
 
Literatur:
 
ALLE. Künstlerinnen und Künstler in der Overbeck-Gesellschaft Lübeck 1918-2018, hrsg. 
von Oliver Zybok, Ausst.-Kat. Overbeck-Gesellschaft, Lübeck, Bielefeld/Berlin 2018.